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Weil ich gerade auf Facebook ebenso empörte wie dürftig begründete Angriffe gegen diese Idee vorgefunden habe, sie selbst jedoch für zumindest nachdenkenswert weil in gewissen Szenarien nützlich erachte, will ich dazu meine (bisherigen) Überlegungen zur Diskussion stellen:
Diese Maßnahme würde der Aufklärung dienen. Rezipienten würde damit transparent gemacht, daß ihnen vonseiten ihrer Regierung bewusst Informationen vorenthalten werden. Das ist aus meiner Sicht besser, als wenn man als Rezipient im Unklaren darüber gelassen wird, daß es sich um staatliche Zensurmaßnahmen handelt.
Gemessen an dem Entwurf (ist ja in 5 Minuten gelesen!) ließe sich das sehr einfach implementieren: Als Betreiber des Servers müsste man lediglich prüfen, von welcher IP der Rezipient kommt und die IP zu einem Land zuordnen. Wenn der Server beispielsweise in Deutschland steht und der Rezipient aus dem Libanon kommt und ein deutsches Gesetz besagt, daß Rezipienten aus dem Libanon nicht auf Server aus Deutschland zugreifen dürfen, dann dürfte mein Server an den Rezipienten den in Rede stehenden Fehlercode 451 ausliefern. Es wäre zu diskutieren, ob man sich hierbei auf einzelne Dateien, oder auf den ganzen Server bezieht. Beides dürfte technisch zu realisieren sein.
Wenn man als Serverbetreiber in Deutschland von Gesetzeswegen dazu gezwungen wäre, Inhalte nicht an Rezipienten aus dem Libanon auszuliefern, böte dieser Vorschlag immerhin eine standardisierte Möglichkeit, um den Rezipienten darüber aufzuklären, was des Unheils tatsächliche Ursache ist.
Versteht mich nicht falsch: Ich will hier solchen Regelungen NICHT das Wort reden, vielmehr lehne ich sowas kategorisch ab. Aber falls wir uns eines Tages in solch einer scheußlichen Rechtsrealität vorfinden sollten, wären wir glücklich über eine standardisierte Möglichkeit zur Aufklärung unserer Rezipienten.
Dann kam da noch der Verweis auf Ursula von der Leyens Zensurvorhaben namens “Zugangserschwerungsgesetz” und das dieser Fehlercode ja genau das gleiche sei. Doch das hat NICHTS, aber auch GAR NICHTS damit zu tun, denn der Statuscode spricht einer ablehnenswerten Rechtsrealität weder das Wort, noch begünstigt er die Verbreitung von Kindesmissbrauchsdarstellungen. Ich möchte mal denjenigen sehen, der nachvollziehbar vorträgt, wie mit diesem Statuscode die Proliferation von Kindesmissbrauchsdarstellungen unterstützt werden könnte.
Dann kam noch der aus meiner Sicht wenig durchdachte Hinweis, daß Inhalt entweder legal, oder illegal sei. Ich halte das für viel zu kurz gesprungen. Das Gesetz kann es nämlich vorsehen, nur die Auslieferung von Daten an Rezipienten in bestimmten Ländern zu kriminalisieren (siehe mein Beispiel von weiter oben mit dem Libanon). Und mit dem in Rede stehenden Vorschlag hätte ich als Betreiber eines Servers in Deutschland immerhin die Möglichkeit, meine Rezipienten wahrheitsgemäß über die missliche Lage zu unterrichten, in der er und ich uns befinden. Also stünde man besser da, als wenn man keine Möglichkeit hätte auf die verkorkste Rechtslage hinzuweisen. Die Alternative wäre: Man verwirft das Paket und der Rezipient muss darüber orakeln, was nun die Ursache dafür ist, daß er meinen Inhalt nicht angucken darf.
Dann hätte die Sache noch einen charmanten Seiteneffekt: Bei den Providern würde ein wütender Mob anrufen und seine Verärgerung artikulieren. Zwar hätten die überhaupt nichts mit der Angelegenheit zu tun, aber es brächte die Provider vielleicht dazu, gegen Zensurmaßnahmen allgemein vorzugehen. Wie am Beispiel der Netzneutralitätsdebatte zu sehen ist, scheuen die Provider sich nicht, politische Einflussnahme auszuüben. Dann können sie auch gleich gegen von Staatswegen verordnete Zensurmaßnahmen lobbyieren.
Übrigens: Angesichts der wohl nicht zufällig gewählten Zahl “451″ sei auf den Wikipedia-Artikel zu “Fahrenheit 451″ verwiesen, in dem da steht:
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Wer in der Lage ist darüber nachzudenken, der sei eben hierzu angehalten.