Ich möchte mal was zu dem Gespenst der hier vermeintlich missachteten Meinungsfreiheit loswerden:
Der immer wieder aufgerufene Bezug darauf geht schlicht meilenweit am Thema vorbei. Und ist genauso kurzsichtig, wie die meist diesen Ausrufen vorangegangenen Äusserungen des jeweiligen Proklamisten.
Zum einen findet jedes Recht sein Grenzen dort, wo es die Rechte dritter berührt oder verletzt. Aber ich will jetzt nicht mit einem 'Menschenwürde'-Schwamm einfach drüberwischen. Das sei nur als Hinweis darauf angemerkt, dass man, wenn man Kraftansagen macht, diese auch zu Ende deklinieren sollte bzw. können sollte.
Das hier ist ein Forum zu Computerthemen, mit dem Schwerpunkt der gegenseitigen Wissensvermittlung, Unterstützung, Hilfe und ja, Meinungsaustausch.
Daran lassen sich die ersten zwei Punkte bereits festmachen:
- eine Meinung zu haben und diese zu äussern ist nicht gleichbedeutend mit dem Anliegen, sie unbedingt durchsetzen zu wollen.
- wie sollte dieses Forum als solches funktionieren, wenn diese landläufige Vorstellung von Meinungsfreiheit tatsächlich so unmittelbar gelten würde: Diskussionen zu Katzenfellpflege und Kochrezepten? In einem Thread, in dem ein User eigentlich um Hilfe zu einem Computerproblem gebeten hat?
Allein an einem so simplen Beispiel sieht man schon, dass das ganze so gar nicht funktionieren kann. Und bei intelligenten Menschen sollte imho dann das Hirn die Arbeit aufnehmen, und erst mal für sich zu klären versuchen, welchem Trugschluss es da eigentlich aufsitzt.
Ein Themenforum unterliegt also schon mal einer Einschränkung bzgl. der Themenwahl. Ist das bereits eine Einschränkung der Meinungsfreiheit?
Nein, denn es gibt eine Vereinbarung, die jeder der sich hier anmeldet, verbindlich eingeht, und die betrifft eine Gesprächsordnung. Diese Gesprächsordnung setzt sich aus den AGB und allen weiteren Regeln dieses Forums zusammen.
Diese Gesprächsordnung stellt aber nicht nur die zugelassenen Themenbereiche klar, sie legt auch das Gesprächsverhalten fest. Die Regeln zum Verhalten im Gespräch dienen in erster Linie dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Angesprochenen, also den Empfängern von Botschaften. Sie orientieren sich genauso an den im Grundgesetz ausgesprochenen Rechten wie das so viel zitierte Recht auf freie Meinungsäusserung. Sie sind im öffentlichen Raum, den so eine Plattform darstellt, enger gefasst, als im durch das Postgeheimnis geschützten nicht-öffentlichen Bereich. Sie dienen ergo nicht dazu, das (Gesprächs-)Verhalten des einzelnen an sich zu reglementieren oder seine freie Meinungsäusserung proaktiv zu beschneiden.
Ein Beispiel zur Erläuterung:
Ein öffentlich, -> in einem Thread, geäussertes: 'Du kannst ja nicht mal bis Drei zählen' diffamiert den Angesprochenen durch den Charakter der öffentlichen Ansprache. Die Information hat also nicht nur einen Empfänger, sondern unkontrollierbar viele und ist damit für den Empfänger in ihrer Wirkung nicht mehr billig zu beherrschen.
In einer direkten, nicht öffentlichen Ansprache dürfte diese Äusserung hingegen kaum als Beleidigung taugen. Der Empfänger kann sie ignorieren, er kann demonstrativ bis 3 1/2 zählen oder Argumente dagegen aufbringen. Auf jeden Fall bleibt diese einzig an ihn gerichtete Botschaft dadurch für ihn beherrsch- und kontrollierbar und er ist nicht deren unkontrollierter Verbreitung ungeschützt ausgeliefert.
Bitte macht Euch diesen Unterschied mal klar. Er ist wesentlich, vor allem, wenn man über den §5 GG palavern will.
Der nächste Punkt ist ein mehr Forenspezifischer, in der Struktur solcher Plattformen und deren Zielsetzung begründet. Dazu sind weitere Regelungen nötig:
Der ideal verlaufende Beitrag führt vom Problem aus kompetent zu einer Lösung für den Betroffenen und zu Kenntnisgewinn für 'Mitposter' und unbeteiligte Mitleser .
Inhalt eines solchen Threads ist in erster Linie das persönliche Anliegen der Threaderstellers. Dass dieses Anliegen gerade bei häufigeren Problemen dann auch zum Anliegen Dritter werden kann, liegt in der Natur der Sache und ist auch absolut zulässig und sogar gewollt. Daraus rührt z.B. die Regel, zuerst die Suchfunktion zu benutzen.
Die Regelungen, die zum Gesprächsverhalten und zur Gesprächskultur bestehen (in hasse dieses Unwort 'Nettiquette', das klingt nach Kätzchen streicheln mit was Süssem zum Naschen dabei), erstrecken sich unter vollständiger Beachtung des Grundgesetztes auf die zulässigen resp. zielführenden Verhaltensweisen in der themengebundenen, öffentlichen Kommunikation:
Der Threadersteller hat ein erstrangiges Recht auf die Beantwortung seiner Frage(n), solange diese nicht gegen die Regeln des Forums selbst verstossen. Alle Rechte der Poster in diesem Thread sind dem nachgestellt.
Beispiel:
Threadnapping. Die beliebteste Aktion unzufriedener Nörgler, bei der sie die §5 GG-Keule schwingen.
Nörgeln darf jeder, solange er nicht das erstrangige Recht des TE verletzt. Zieht der Nörgler die Diskussion in einem Thread auf 'sein' Thema, ist das Threadnapping vollzogen. Wenn man sich mal ein paar solcher Therads anschaut, stellt man fest, dass dies meist bei etwa dem dritten Post des Nörglers passiert.
Sanktionen, die dann folgen, reagieren de jure gar nicht mal auf das Nörgeln an sich. Sondern nach Recht und Regelwerk darauf, dass das vorrangige Recht des TE, angehört zu werden, dadurch verletzt wurde.
Ist dass jetzt Meinungsunfreiheit?
Wer das jetzt noch glaubt sollte noch mal von Vorne anfangen zu lesen.
Nein, denn die freie Meinungsäusserung des Nörglers wird auch hier nicht beschnitten. Es steht ihm nach wie vor frei, seine Meinung öffentlich, auch in diesem Forum zu äussern. Der einfachste Weg führt über einen Thread zum Thema. Dann hätte sich der Nörgler sogar ein erstrangiges Recht, gehört zu werden, verschafft. Vorrausgesetzt, das Thema wurde nicht an anderer Stelle schon 90mal behandelt...
Ihr seid immer noch der Meinung, es wäre das Recht eines Jeden, dies doch in dem bestimmten Thread zu tun?
Dann zum Schluss was Praktisches:
Jederman steht es per Religionsfreiheit zu, im Rahmen unserer Gesetze den Beelzebub ganz toll zu finden. Hat er deswegen das Recht, Sonntags in eine Kirche zu marschieren, sich mit beliebigen Mitteln Gehör zu verschaffen und auf den Gott der Christen/Juden/Moslems zu schimpfen?
Nein das hat er nicht! Im Gegenteil! Er verletzt massiv Gefühle Dritter, deren Religionsfreiheit und wird im günstigsten Fall bloss wegen groben Unfugs oder Erregung öffentlichen Aufsehens zur Rechenschaft gezogen. Er verhält sich in der vermeintlichen Ausübung seiner Meinungsfreiheit schlicht gesetzeswidrig.
Das ist wohl ein elementares Kernproblem vieler, die hier die Meinungsfreiheit bedroht oder eingeschränkt sehen: sie können nicht verstehen, dass die Anderen auch Rechte haben, die sie zu respektieren haben und die aktiv geschützt werden (müssen).
Diskussion willkommen.
Ich möchte Euch dabei bitten, eure Gesprächspartner zu achten, ihre Argumente erst zu prüfen bevor ihr widersprecht und das wiederum mit Argumenten, aber nicht mit unbelegbaren 'Meinungen' oder gar Aggression zu tun. Was sonst zum Erhalt der 'Forumshygiene' passieren wird, wisst ihr alle.
Edit: Winzkram und kursiv fettgedrucktes.

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